Ganzheitlich, individuell – und wirtschaftlich sinnvoll
Immer mehr Zahnarztpraxen setzen auf biologische oder ganzheitliche Prophylaxekonzepte. Was Patient:innen schätzen, eröffnet auch für das Praxisteam neue Möglichkeiten – inhaltlich wie wirtschaftlich. Doch wie lässt sich Bio-Prophylaxe korrekt und strukturiert abrechnen?
Die gute Nachricht: Viele Leistungen sind bereits über die GOZ abgedeckt. Darüber hinaus gibt es Spielräume – etwa bei der Faktorsteigerung oder durch Analogabrechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ. Entscheidend ist: ein bewusstes Vorgehen im Team, klare Dokumentation und patientenbezogene Begründungen.
Ganzheitliche Beratung braucht Raum – auch in der GOZ
Wer ganzheitlich denkt, weiß: Die Anamnese geht oft über den Standard hinaus. Themen wie Ernährung, Stress, Umweltbelastungen oder systemische Erkrankungen finden Eingang in die Beratung – und das darf sich in der Abrechnung widerspiegeln.
Tipp: Nutze die Möglichkeit zur Steigerung des Faktors bei GOZ-Leistungen wie der Nr. 0010 oder 1000 – mit einer klaren Begründung.
Formulierungshilfe:
„Erhöhter Zeitaufwand durch umfassende Anamnese unter Einbeziehung ganzheitlicher Gesundheitsparameter sowie interdisziplinärer Vorbefunde.“
Zahnreinigung in Bio – GOZ 1040 mit Steigerung?
Auch die professionelle Zahnreinigung (GOZ-Nr. 1040) verändert sich im ganzheitlichen Setting: Sanfte Verfahren, biologisch verträgliche Polierpasten, angepasste Methoden – all das braucht mehr Zeit und erhöht den Aufwand.
Da die GOZ 1040 an der Zielleistung festhält, bleibt die Position bestehen. Aber: Ein erhöhter Aufwand kann (und sollte) durch einen individuellen Steigerungsfaktor abgebildet werden. Wichtig dabei: Die Begründung muss sich auf Schwierigkeitsgrad, Zeitaufwand oder die Umstände bei der Ausführung beziehen – nicht auf Materialien oder Methoden.
Beispielhafte Formulierungen:
„Starker Würgereiz mit erhöhtem Koordinationsaufwand und notwendigen Pausen zur Entspannung des Patienten“
„Zeitaufwändige Entfernung hartnäckiger Verfärbungen bei erschwertem Zugang durch eingeschränkte Mundöffnung aufgrund erhöhtem Muskeltonus (CMD-Patient)“
„Erhöhter Speichelfluss bei gleichzeitiger Mobilität der Zunge“
Diese Begründungen können nun durch weitere ergänzt werden, die sich aus dem ganzheitlichen Behandlungskonzept ergeben:
„Erhöhter Zeitaufwand durch besonders schonende Behandlungsmethode mit biologischen Polierpasten“
„Aufwendige Anwendung sanfter Techniken zur Vermeidung von Gewebeirritationen“
„Zusätzliche Behandlungsschritte durch spezielle Materialhandhabung und Methodik“
„Erhöhter Aufwand durch langsames, behutsames Arbeiten bei sensiblen Patient:innen“
„Verlängerter Zeitbedarf durch individuelle Anpassung der Poliermethodik an Patientenbedürfnisse“
„Intensive und behutsame Reinigung bei erhöhter Sensibilität des Mundraums“
Für eine reibungslose Erstattung solltest Du Begründungen immer individuell und patientenbezogen formulieren.
Was zusätzlich geht – und wie Du es abrechnest
Einige Leistungen, die auch in biologischen Konzepten eine Rolle spielen, sind nicht in der GOZ enthalten – sind aber dennoch berechenbar.
Hier lohnt der Blick auf § 6 Abs. 1 GOZ – die Analogabrechnung.
Typische Beispiele:
- Subgingivale Belagsentfernung im Rahmen der PZR
- Zungenreinigung
- Reinigung von Verbindungselementen
- Remineralisierende Maßnahmen ohne Fluorid
Auch bei Fluorid-Alternativen gilt: Wird aus gesundheitlichen oder persönlichen Gründen auf Fluorid verzichtet, können z. B. calcium- oder phosphathaltige Präparate zum Einsatz kommen – und als medizinisch notwendige Maßnahme analog berechnet werden.
Weitere Leistungen rund um das ganzheitliche Prophylaxekonzept
Neben den bekannten GOZ-Nummern wie 1000, 1010 oder 6190 können ergänzende Leistungen
eingebunden werden: etwa die Auswertung eines Ernährungstagebuchs, spezielle Testverfahren
(z. B. Vitamin D oder aMMP-8), oder unterstützende Maßnahmen wie Face Yoga oder Akupressur.
Letztere fallen in die Kategorie Verlangensleistungen nach § 2 Abs. 3 GOZ – und dürfen außerhalb
medizinischer Notwendigkeit vereinbart werden. Tipp: Hier ist eine transparente Kommunikation
mit dem Patienten entscheidend.
Fazit: Bio-Prophylaxe bedeutet Individualität – auch in der Abrechnung
Ganzheitliche Prophylaxe ist weit mehr als „Zahnreinigung mit anderen Mitteln“.
Sie ist ein umfassendes Konzept, das Ursachenforschung, Prävention und patientenzentrierte Aufklärung verbindet.
Du darfst das auch in der Abrechnung sichtbar machen – durch bewusste Auswahl, klare Begründungen und eine Dokumentation, die den tatsächlichen Aufwand widerspiegelt.
Merksatz zum Mitnehmen:
„Je individueller die Leistung, desto individueller darf auch die Abrechnung sein.“