Stressfaktor Abrechnung an der Anmeldung

16.04.2024

Auf meine nicht-repräsentative Umfrage bei Instagram habe ich enorm viele Rückmeldungen zu diesem Thema bekommen. Alleine diese Tatsache hat mich bewogen, das Thema umfassend in einem Blogbeitrag zu beleuchten. Warum ist die Stressbelastung so hoch, wenn Abrechnungskräfte an der Anmeldung abrechnen?

Welche Aspekte belasten Mitarbeiter:innen an der Rezeption, wenn sie konzentriert arbeiten möchten?

Aus den vielen Rückmeldungen meiner Follower konnte ich diese Punkte zusammenfassen:

  • Ablenkungen durch Telefonanrufe und Fragen aus dem Team
  • Unterbrechungen durch Patientenkontakte und Terminvergabe
  • Lärmbelastung durch hohen Geräuschpegel
  • Schwierigkeit, den Fokus und die Konzentration zu behalten
  • Immer wieder von vorne zu starten und sich in den Fall wieder einzuarbeiten
  • Herausforderung, jedem gerecht zu werden
  • Sorge wegen mangelnder Konzentration Fehler zu machen

Bedeutung der Anmeldung für den Praxiserfolg

Die Anmeldung hat sehr großen Einfluss auf den ersten Eindruck der Praxis für den Patienten und ist gleichzeitig ein Kernpunkt des Patientenservice auch für Stammpatienten. Ein weiteres Synonym für die Anmeldung oder Rezeption ist in unserem Sprachgebrauch auch Empfang. Dieses Wort beschreibt die Bedeutung für die Zufriedenheit unserer Patienten wesentlich besser als Anmeldung. Hier wird der Patient empfangen. Was ist eine wichtige Voraussetzung, um einen Patienten zu empfangen? Aufmerksamkeit — Aufmerksamkeit durch den Menschen hinter der Rezeption. Aufmerksamkeit schenken wir Menschen durch den vollen Fokus auf das Gespräch, das Ausstrahlen von Ruhe und Zeit, um alle Fragen und Sorgen des Patienten zu beachten und darauf eingehen zu können.

Stell Dir folgende Situation vor: 

Du betrittst das Hotel, in dem Du ein Zimmer für Dich gebucht hast. Die Mitarbeiterin hinter der Rezeption beachtet Dich nicht direkt, sondern sie tippt erst noch ein paar Sätze mit abwechselnd gesenktem und fokussiertem Blick auf ihren Bildschirm und die Tastatur in den PC ein. Jetzt hat sie Dich entdeckt und begrüßt Dich freundlich. Im nächsten Moment klingelt laut das Telefon. Sie wirkt hin- und hergerissen. Dennoch nimmt sie weiterhin Deine Daten auf für den Check in, während das Telefon gnadenlos noch ein paar Mal klingelt. Während sie Dir gerade den Weg zu Deinem Zimmer erklärt, klingelt erneut das Telefon. Diesmal entschuldigt sie sich bei Dir und hebt den Hörer ab, um dem Anrufer mitzuteilen, dass er bitte einen Moment in der Leitung warten müsse. Sie wendet sich erneut wieder an Dich und erklärt Dir schnell alles weitere für Deinen Aufenthalt. Du merkst, dass sie sich beeilt, um alle wichtigen Aspekte in kürzerer Zeit zu erklären.

Nachdem Du Deine Zimmerkarte erhalten hast, nickt sie Dir zu und nimmt sofort den Hörer in die Hand. Scheinbar ist der Anrufer nicht mehr in der Leitung. Während Du Richtung Aufzug mit Deinem Koffer gehst, hörst Du wie ein Kollege die Rezeptionsmitarbeiterin fragt, ob sie die Auswertungen zu den Zimmerauslastungen endlich fertig hat. Kurz bevor Du den Aufzug erreicht hast, fällt Dir ein, dass Du noch eine Frage zum Frühstück hast. Du drehst Dich um und schlenderst zurück zur Rezeption. Die Mitarbeiterin starrt wieder ihren PC an und wirkt abwesend, als Du ihr durch „Entschuldigen Sie bitte. Ich habe noch eine Frage zum Frühstück.“ einen kleinen Schreck einjagst. Du merkst, dass sie in Gedanken ganz woanders war und hast ein schlechtes Gefühl, dass Du sie so erschrocken hast.

Wie stufst Du den Service des Hotels ein, wenn Du tief in Deine Tasche gegriffen hast, um Dir das Zimmer in diesem Hotel zu gönnen? Wie ist Dein Gefühl zu dem Service hingegen, wenn Du das Zimmer zu einem niedrigen Preis mit zusätzlichem Rabatt erhalten hast?

Jetzt kommen Deine Erwartung ins Spiel. Welche Erwartungen hast Du, wenn Du die Summe X oder die Summe Y für eine Leistung bezahlst? Diese Erwartungen gleichst Du mit Deiner Erfahrung, die Du erlebst ab. Stimmen Erwartungen und Erfahrungen überein, bist Du zufrieden. Unzufrieden bist Du, wenn zwischen Deinen Erwartungen und Deinen Erfahrungen eine Lücke klafft. Sehr zufrieden bist Du hingegen, wenn die Erfahrung mit der Leistung Deine Erwartungen sogar übertrifft. 

Egal ob Hotel oder Praxis — diesen Abgleich von Erwartung und Erfahrung zum Service nehmen wir immer vor und ziehen unsere Schlüsse. Werden wir gleich zu Beginn enttäuscht, schauen wir uns die folgenden Dienstleistungen noch kritischer an. Werden wir positiv überrascht, verzeihen wir Kleinigkeiten im Ablauf danach eher. 

Fragen zur Reflektion für Dich

  • Bietet Ihr hochpreisige oder niedrigpreisige Leistungen in der Praxis an?
  • Welche Erwartungen hat Euer Patient infolge Eurer Preisstruktur?
  • Welches Serviceniveau wollt ihr an der Anmeldung Euren Patienten bieten, um die Erwartungen zu erfüllen oder sogar zu übertreffen?
  • Welche Voraussetzungen sollten gegeben sein, damit Ihr das Ziel erreicht?
  • Wie ist der Ist-Zustand derzeit?
  • Welche Maßnahmen könnt Ihr zur Verbesserung umsetzen?

Voraussetzungen für den optimalen Service an der Rezeption

Damit das Serviceziel an der Anmeldung erreicht werden kann, sind diese Voraussetzungen wichtig:

  • Offenheit für Emotionen und Freundlichkeit
  • Geringer Lautstärkepegel im Umfeld, um das Gespräch mit dem Patienten ungestört führen zu können
  • Priorisierung, damit Kolleginnen das Patientengespräch nicht unterbrechen
  • Optimiertes Telefonmanagement, um Störungen zu vermeiden
  • Zeit, um alle Aspekte dem Patienten erklären und auch Rückfragen beantworten zu können
  • Kein Multitasking, voller Fokus auf den Patienten

Voraussetzungen für die möglichst fehlerfreie Abrechnung

Diese diese Voraussetzungen sind wichtig, damit die Abrechnung möglichst fehlerfrei erledigt werden kann:

  • Konzentrationsfähigkeit und Abrechnungswissen
  • Geringer Lautstärkepegel im Umfeld, um sich konzentrieren zu können
  • Priorisierung, damit Kolleginnen den Arbeitsfluss nicht in einem umpassenden Moment unterbrechen
  • Optimiertes Telefonmanagement, um Störungen zu vermeiden
  • Zeit, um die Abrechnung prüfen und Konzepte zur Abrechnungsoptimierung entwickeln und umsetzen zu können
  • Zeit für Weiterbildung und Recherche, um das Wissen auszubauen oder auch aktualisieren zu können
  • Kein Multitasking, voller Fokus auf die Abrechnung

Wenn Du beide Übersichten miteinander vergleichst, gibt es Übereinstimmungen. Keine Frage. Doch es gibt auch gravierende Unterschiede.

Spannungsfeld Offenheit vs. Konzentration

Freundliche Kommunikation mit Offenheit für andere Menschen und Emotionen im Gegensatz dazu Konzentration auf Zahlen und digitales Arbeiten sind zwei Tätigkeiten, die gravierend voneinander abweichen. Der ständige Wechsel zwischen Offenheit und Konzentration ist ein Kraftakt und wirkt sich auf das Stresslevel von uns aus. Dauerhaft belastend ist der Umstand, wenn Mitarbeiter:innen das Gefühl entwickeln, den Erwartungen nicht gerecht zu werden. Dieses Gefühl kann einen Menschen langfristig ausbrennen.

Übernimmt eine Mitarbeiterin den Empfang und erledigt währenddessen auch komplexe Abrechnungsaufgaben, ist dies ein Kompromiss. Ein dauerhaft optimales Ergebnis in beiden Bereichen — Patientenservice und Abrechnung — wird nicht erreichbar sein. Ein eingeschränktes Leistungsniveau wirkt sich entweder auf die Patientenzufriedenheit oder die wirtschaftlichen Ergebnisse direkt aus.

Jetzt höre ich den Einwand aufploppen „Früher war das doch auch möglich, dass eine Mitarbeiterin Empfang und Abrechnung parallel an der Anmeldung erledigt hat.“. Früher gab es auch weniger Behandlungen mit Zuzahlungen für Kassenpatienten. Früher mussten weniger Formulare dem Patienten regelmäßig erklärt und zur Unterschrift vorgelegt werden. Früher wurden auch die Rechnungen der Privatpatienten vereinfachter geschrieben. Früher gab es weniger Aufklärungsbedarf zu Faktorsteigerungen und Analogleistungen. Früher gab es auch noch Erfassungsscheine und die Praxis wurde eine Woche vor der Quartalsabrechnung geschlossen, damit diese erstellt werden konnte. 

Meine nicht-repräsentative Umfrage hat ergeben, dass in den Praxen…

… 36 % die Abrechnung vollständig an der Rezeption erledigen müssen.

… 37 % steht für die Abrechnungsaufgaben ein Backoffice zur Verfügung.

… 28 % arbeiten einen Teil der Abrechnung an der Rezeption und den anderen Teil im Backoffice ab.

Praxen, die die Abrechnung komplett an der Rezeption als Arbeitsplatz erledigen, sind in der Minderheit. Der Leidensdruck bei vielen dieser Mitarbeiter:innen ist allerdings sehr hoch und Umsetzungspotential bleibt ungenutzt, die Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg sind relevant, so dass hier Optimierungsbedarf besteht.

Lösungsimpulse

  • Gibt es die Möglichkeit, dass die Abrechnung in einem Backoffice oder eventuell auch im Homeoffice erledigt wird?
  • Wenn nicht, gibt es die Möglichkeit, dass die Abrechnung zumindest stundenweise in Ruhe im Backoffice abgearbeitet werden kann?
  • Wenn auch dies nicht möglich ist, können Zeiten geschaffen werden, in der die Abrechnungskraft sich möglichst ungestört an der Rezeption um die Abrechnungsaufgaben kümmern kann?
  • Wird die Abrechnung weiterhin im Spannungsfeld durchgeführt, sollten unbedingt die Erwartungshaltungen an das Leistungsniveau besprochen und definiert werden. So kann das Risiko gemindert werden, dass Leistungsdruck den Menschen ausbrennt. 
  • Auch wenn der äußere Druck an die optimale Leistung wegfällt, kann der innere Leistungsanspruch Dich ausbrennen lassen. Ist dies der Fall, kümmere Dich um eine Lösung für dich und Deine Gesundheit.

Hast Du Fragen zu möglichen Lösungsstrategien? Dann schreib mir gerne eine Mail.

HAFTUNGSHINWEIS

Mein Blog wird mit größter Sorgfalt, nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet. Dennoch übernehme ich, als Autorin, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen keine Haftung. Beachte bitte zusätzlich die Vorgaben Deiner jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung und Zahnärztekammer.

Moin Moin! Schön, dass Du da bist!
Ich bin Birthe und meine Lieblingsthemen sind zahnärztliche Abrechnung und Praxisorganisation. Am Herzen liegt mir auch Deine persönliche Weiterentwicklung.

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